Verletzt im Verkehrsunfall: was steht mir zu?

Kathegorie: Verkehrsrecht
Erstellt am: 14-06-2015 14:19

Verkehrsunfälle haben viele unangenehme Folgen. Bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden (Verletzungen) sind diese Folgen besonders weitreichend, und es stellt sich schon bald die Frage, welche Schadenposten vom Gegner oder seiner Versicherung übernommen werden.

Der Umgang mit dem Angebot der gegnerischen Haftpflichtversicherung

Ist der Unfall zumindest überwiegend auf ein Verschulden des Gegners zurückzuführen, so ist natürlich zunächst der Gegner zum Ersatz der Ihnen entstandenen Schäden verpflichtet.

Hat der Gegner zum Zeitpunkt des Unfalls ein KFZ geführt, so können Sie die Schäden auch direkt gegenüber der KFZ-Versicherung des Gegners geltend machen.

Hier ist zu beachten, dass die Versicherer meist daran interessiert sind, die Höhe der Entschädigung so gering wie möglich zu halten. Es kann vorkommen, dass die gegnerische Versicherung nicht auf alle möglichen ersetzbaren Schadensposten hinweist, sondern die Sache schnell mit der Zahlung einer moderaten Summe beenden möchte. Verschwiegen wird auch oft, dass die Versicherung des verantwortlichen Gegners Ihre Anwaltskosten tragen muss. Es empfiehlt sich daher, das Angebot der gegnerischen Versicherung nicht übereilt zu akzeptieren, sondern dieses überprüfen zu lassen. Hinzu kommt, dass häufig auch einige Wochen nach dem Unfall noch nicht alle Folgen eingeschätzt werden können. Sollten später weitere Schäden auftreten, kann ein bereits mit der Versicherung geschlossener Vergleich nicht mehr rückgängig gemacht werden!

Alle Schäden genau dokumentieren

Als Geschädigte/r müssen Sie bei Geltendmachung der Ansprüche die Verletzungen und sonstige Schäden genau nachweisen. Dies bedeutet: alle erkennbare Verletzungen schon vor Ort der Polizei mitzuteilen, im Krankenhaus oder beim Arzt alle Beschwerden mitteilen, schriftlich bescheinigen und dokumentieren lassen. Es empfiehlt sich auch zudem, die verletzten Körperstellen zu fotografieren, Symptome aufzuschreiben, Nachbarn oder Kollegen als Zeugen für die Verschlechterung des Zustandes heranziehen. Auch psychische und soziale Folgen werden sich auf die Höhe des Schadensersatzes einwirken. Teilen Sie alle durch den Unfall verursachten Kosten, Folgen und Beschwerden Ihrem Anwalt mit! Die Faustregel lautet hier: je besser dokumentiert und begründet Sie Ihre Beschwerden zum Ausdruck bringen, desto höher ist die mögliche Entschädigung.


Mögliche Ansprüche

Wir führen hier im Folgenden Ansprüche auf, die Ihnen bei Verletzungen im Verkehrsunfall in der Regel zustehen:


•    Ersatz der Sachverständigen-, Gutachter-, sowie Anwaltskosten. Die Anwaltskosten werden in der Regel vom Gegner oder seiner Versicherung in dem Verhält-nis ersetzt, in dem sie auch insgesamt zum Ersatz des Schadens verpflichtet sind.
•    Behandlungs- und Arztkosten: hier sind nicht nur „unmittelbare“ Aufwendungen (Arzt, Krankenhaus) sondern auch Rehabilitationskosten zu erstatten. Von der Krankenversicherung werden die Ausgaben für z. B. Kuraufenthalte, Brillen, Vi-tamine, kosmetische Verletzungsbehandlungen, Prothesen in den meisten Fällen nicht übernommen. Diese Kosten müssen dennoch durch den verantwortlichen Gegner ersetzt werden. Dazu zählen auch andere Kosten, die im Zusammenhang mit der Heilbehandlung stehen: Fahrtkosten zum Arzt, Fahrkosten für Familienan-gehörige zu Besuchszwecken, Telefonkosten, erforderliche Medikamente, ortho-pädische Schuhe etc.
•    Schmerzensgeld kann bei Verletzungen und psychischen Folgen ebenfalls bean-sprucht werden. Die genaue Berechnung erfolgt nach Umständen des Einzelfalls. Seelische und psychische Folgen wie Depressionen, Angstzustände oder Neurosen sind hier auch zu berücksichtigen. Die häufigste Verletzung bei Verkehrsunfällen ist das sogenannte Schleudertrauma bzw. das Halswirbelsäulen-Syndrom (HWS). Bei einem einfachen Schleudertrauma mit einer Arbeitsunfähigkeit von ca. 2 Wochen wird durch die Gerichte Schmerzensgeld in Höhe von ca. 300,00 € - 600,00 € als angemessen angesehen.
•    Sachschäden: die Reparaturkosten oder Wiederbeschaffungskosten für alle be-schädigten Gegenstände sind zu ersetzen. Dazu zählen nicht nur das geschädigte Auto oder Fahrrad, sondern auch Kleidung, Brillen, Handy, Laptop, etc. Wichtig ist, die Sachschäden sofort zu fotografieren und die Quittungen für Neubeschaffungen aufzubewahren.
•    Nutzungsausfallentschädigung: für Gegenstände, die infolge des Verkehrsunfalls nicht benutzt werden können (beispielsweise das Auto oder Fahrrad) kann der Verletzte eine Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen.
•    Haushaltsführungsschaden: auch Alleinstehende verbrauchen nach Schätzungen wöchentlich ca. 20 Stunden ihrer Zeit für Haushaltsarbeiten. Je mehr die verletzte Person für die Haushaltsführung zuständig ist und je grösser die Familie ist, desto höher wird der zu ersetzende Haushaltsführungsschaden sein, wenn diese Person sich und die Familie im Haushalt für einen bestimmten Zeitraum nicht versorgen kann.
•    Verdienstausfall: wird ersetzt, wenn der Verletzte nach einem Unfall seine Arbeit nicht mehr ausüben kann. Dieser Anspruch wurde auch für Auszubildende anerkannt, wenn diese nachweisen, dass sie aufgrund der erlittenen Verletzungen nicht mehr dem erwählten Berufsweg folgen können.


Für die genaue Einschätzung des Schadensumfangs sowie der möglichen Entschädigung empfiehlt es sich, einen Anwalt des Vertrauens einzuschalten und bei einer ersten Beratung das weitere Vorgehen zu besprechen.